Vanessa, du bist mit exakt 10.000 Instagram-Followern ins Jahr 2016 gestartet – aktuell sind’s, nur gut fünf Monate später: eine knappe Achtelmillion. Überlegt man da zweimal, ob man ein Foto ins Netz stellt, wenn so viele Menschen hinschauen?
Vanessa Mai (VM): Also erst mal freut es mich natürlich total, eine der wenigen zu sein, die auf Instagram so vertreten ist. Die Plattform ist ja noch viel jünger als beispielsweise Facebook, und ich benutze Instagram tatsächlich eher so tagebuchmäßig: Gerade da, muss ich sagen, poste ich doch noch öfter mal ein Bild, wo ich auf Facebook überlegen würde, ob ich’s da auch mache. Mir persönlich macht Instagram extrem viel Spaß, weil da wirklich immer total positive Stimmung ist. Das ist echt cool.
Abgesehen von deinen Follower-Zahlen hattest du in diesem Jahr noch etliche weitere Gründe zum Feiern: Dein bis dato erfolgreichstes Album, den ersten ECHO-Gewinn und auch ein Geburtstag war dabei. Welche Feier war am größten?
VM: (Lacht) Ja, ECHO und Album waren da schon ganz vorne mit dabei. Geburtstag ist, na klar, immer noch was Schönes, aber ich schenke viel lieber, als mich beschenken zu lassen – und überhaupt feiere ich eigentlich nie groß. Aber gerade deshalb war z.B. der ECHO etwas ganz Besonderes.
Wenn dann aber mal gefeiert wird: Wie sieht das aus bei dir?
VM: Ach, total unspannend. Total langweilig. Man geht abends was essen – (lacht) – mit der Familie. Kuchen gab’s auch, aber sonst ganz unspektakulär, ehrlich.
Klingt nach sehr viel Bodenhaftung. Ist das eigentlich deiner Erziehung geschuldet?
VM: Ja, zum einen ist das sicher schon die Erziehung. Aber ich glaube auch, dass es mit der kurzen Zeitspanne zu tun hat, in der das alles passiert ist – und das hat echt einen Vorteil: Du kommst da nämlich gar nicht hinterher, kommst also gar nicht wirklich zum Abheben. Das hört sich vielleicht doof an, aber es ist alles so schnell gegangen, dass ich dazu einfach gar keine Zeit hatte. Ich bin wie ich bin, und bin immer noch wie vorher.
Wobei, die Namen ändern sich: Gerade in diesem Jahr hast du dich nun endgültig von dem Namen Wolkenfrei getrennt.
VM: Eigentlich hätte ich niemals gedacht, dass ich diesen Namen einmal ablegen würde, weil ich einfach sehr damit verbunden war. Aber dann kam irgendwann die Zeit, wo ich mich, nun ja, „neu“ gefühlt habe irgendwie: Ich wollte etwas anderes machen, etwas neu machen, und natürlich ist auch „DSDS“ ein Faktor gewesen, weil dadurch der Name Vanessa Mai zunehmend in den Vordergrund und Wolkenfrei in den Hintergrund geraten ist, bis man beides gar nicht mehr so miteinander verbunden hat. Zugleich war mir natürlich wichtig, dass sich auch das Album dann ganz anders anhört: Also wenn Vanessa Mai, dann musste ich einfach voll und ganz dahinter stehen. Und natürlich ist es eine besondere Aufregung, wenn dann da der eigene Name auf dem Album steht. Das ist schon noch mal sehr, sehr viel intensiver als vorher.
Auch die anstehende Tour hast du umbenannt zur „Für Dich“-Tour…
VM: Genau. Und der Grund war der, dass das neue Album eben sehr viel schneller fertig geworden ist, als das ursprünglich geplant oder gedacht war. Natürlich werden aber auch Songs vom „Wachgeküsst“-Album und sogar vom „Endlos verliebt“-Album gespielt, das ist ganz klar. Da wird also alles vertreten sein.
Auf eine Show in welcher Größenordnung dürfen sich die Fans freuen?
VM: Also, was die Locations angeht, sind das so 2.000er-Hallen, was ich echt wahnsinnig toll finde für die erste Tour. Das ist schon etwas Besonderes, wenn da so viele Menschen nur wegen dir kommen. Und ich werde auf jeden Fall alles geben, um den Fans die bestmögliche Show zu präsentieren. Am liebsten würde ich natürlich selbst tanzen und Tänzer dabei haben, vielleicht auch Unplugged-Songs mit einem Gitarristen spielen oder so etwas in der Richtung. Dazu habe ich auch schon ein bis zwei Fan-Ideen und Aktionen, die etwas ganz Besonderes für die Tour sein können. Ja, ich werde versuchen, die Menschen auf allen Ebenen zu begeistern: Was zum Schauen und auch emotional…
Das heißt aber, wie die kommende Liveshow konkret aussehen wird, ist aktuell noch in Planung?
VM: Ja, als jetzt die Tour mit Florian (Silbereisen) vorbei war und auch bei „DSDS“ Schluss war, konnte ich mich endlich voll auf die nächste Tour konzentrieren, und ich habe einfach mal meinen ganzen Ideen freien Lauf gelassen. Auch in der freien Zeit, die ich jetzt hatte, habe ich ganz, ganz viele Ideen gesammelt und alles mal zusammengeschrieben, ja und jetzt stehen die Meetings an und da werde ich alles mal erzählen, was mir so auf dem Herzen liegt und was ich mir so wünsche. Auf jeden Fall wird es 100% Vanessa.
Sind größere Bühnen generell dein Ding – wie ja auch heute Abend in Berlin bei der „Schlagernacht des Jahres“ –, oder gehst du nach wie vor auch gerne auf Tuchfühlung mit deinen Fans?
VM: Ich mag beides! Natürlich ist so ein Auftritt in der Waldbühne wie heute Abend echt ein Highlight – da freue ich mich riesig, weil es einfach Wahnsinn ist, nicht nur vor so vielen Menschen zu stehen, sondern auch in dieser legendären Location aufzutreten. Ich bin zwar nicht zum ersten Mal da, aber es ist trotzdem immer noch etwas Besonderes. Aber ich mag’s auch sehr gerne, wenn alles ganz nah am Publikum passiert. Das ist überhaupt etwas, das ich auch bei größeren Bühnen immer versuche: Selbst wenn da eine Distanz da ist aufgrund dieser Größe, versuche ich immer eine gewisse Nähe zu schaffen – und irgendwie nicht so groß zu denken, sondern sich vielleicht auch mal auf den Bühnenrand zu setzen und so z.B. diese Nähe zu kreieren. Ich glaube, für meine erste Tour ist die Größe echt perfekt so.
Auch Auftritte in der Schweiz und in Dänemark sind erstmals mit dabei. Verstehen die Dänen deine Texte?
VM: Ja, ich habe schon einen Auftritt gehabt dort, und die hören tatsächlich deutschen Schlager – und verstehen das auch. Die beschäftigen sich damit und finden das echt toll; der Schlager ist da also mehr vertreten, als man vielleicht denkt. Es ist natürlich sehr, sehr witzig, in einem anderen Land zu sein. Selbst in der Schweiz oder Österreich ist das was anderes, denn es ist einfach ein anderes Land, eine andere Mentalität, auch wenn man da dieselbe Sprache spricht.
Du hast ja eben schon gesagt, dass „Für Dich“ sehr schnell nach „Wachgeküsst“ erschienen ist. Planst du jetzt eine längere Pause, was Alben angeht?
VM: Das Album ist ja gerade erst erschienen, deswegen habe ich mir da noch keine Gedanken gemacht übers nächste, aber generell lasse ich immer alles gern auf mich zukommen. Alles hat sich bei mir immer so natürlich entwickelt, und es wurde nie irgendetwas erzwungen. Es hat sich einfach ergeben und kam so wie’s – denke ich – kommen musste, deswegen möchte ich da auch gar nicht zu viel planen. Auch mit dem Namenswechsel: Das hätte ich nie gedacht, aber dann kam es auf mich zu und fühlt sich jetzt genau richtig an. Insofern mal sehen, wann das nächste Album kommt. Also so lange werde ich mir nicht Zeit lassen!
Eine Sache, die sich auch so ergeben hat, ist deine Studio-Zusammenarbeit mit Dieter (Bohlen): Wenn du jetzt an diese Erfahrung zurückdenkst, welche Adjektive kommen dir da in den Sinn? Wie war das?
VM: (Lacht) Es war super. Wir haben sogar ein paar Gemeinsamkeiten. Wir sind beide sehr, sehr zielstrebig und sehr ehrgeizig. Und ich habe mich dann auch sehr gut vorbereitet, weil ich doch ein bisschen nervös war. Mir war es schon sehr wichtig, was er so zu mir sagt und wie er mich findet. Als ich dann im Studio ankam, hat er erst mal gesagt: „So, jetzt mach einfach mal. Sing mal, wie du das willst, wie du das findest!“ Und dann habe ich das gemacht. Er fand das toll, ja und dann war die Stimmung auch echt total locker. Er hat das Beste aus mir herausgeholt und hat mich dabei echt sein lassen. Das ist total spannend gewesen, so zu arbeiten. Dieter ist schon ein Visionär, der den Erfolg sucht, aber er ist dabei trotzdem sehr, sehr locker im Umgang. Das war eine ganz neue Erfahrung, so im Studio zu arbeiten.
Und wenn du jetzt mit ein paar Wochen Abstand an die Zeit in der „DSDS“-Jury zurückdenkst: Was hast du für dich persönlich daraus mitgenommen?
VM: (Lacht) Lebenserfahrung. Ich war ja am Anfang sehr zurückhaltend, ob ich das Angebot von RTL annehmen sollte. Ich wusste einfach nicht, ob ich das schon kann: Bin ich dem gewachsen? Bin ich nicht zu jung? Aber wir haben uns dann dafür entschieden, weil ich einfach noch ganz andere Seiten einbringen kann, weil ich durch mein Alter so nah an den Kandidaten dran bin. Sehr spannend war daran zu sehen, wie man sich fühlt, wenn man plötzlich in der Zuschauerrolle ist. Das war toll, und auch so: Es war eine sehr intensive Zeit – und Jamaika war natürlich richtig cool.
Werfen wir kurz einen Blick zurück in deine Kindheit: Musical-Erfahrungen, Hip-Hop-Dance, die Tanz-Band deines Vaters… welcher dieser Punkte war entscheidend, um dich auf diejenige Bahn zu bringen, die zu dem heutigen Tag geführt hat?
VM: All diese Erfahrungen. Ich habe das Gefühl, dass jetzt gerade alles ineinander greift, und mir ist jetzt klar, warum alles so gekommen ist. Denn egal, wie klein und unwichtig mir die Sachen damals vorgekommen sind, wäre ich ohne sie wahrscheinlich heute nicht an diesem Punkt: Selbst der letzte Platz in Las Vegas bei der Hip-Hop-WM (lacht), das war echt eine sehr wichtige Erfahrung. Das Tanz-Training hilft mir natürlich jetzt wahnsinnig auf der Bühne; ich fühle mich damit einfach wohl, weil ich früher schon getanzt habe. Auch die Erfahrungen mit sechs, sieben Jahren bei meinem Vater auf der Bühne waren Gold wert. Also all diese kleinen Dinge haben dazu beigetragen, dass ich letztendlich zu Wolkenfrei gefunden habe.
Wie alt warst du genau, als du diese Hip-Hop-Niederlage in Vegas wegstecken musstest?
VM: Ich war da so 15, oder gerade 16.
Und was ist da falschgelaufen, wenn ich fragen darf?
VM: Wir sind ja Deutsche Meister geworden und haben uns dann für die WM qualifiziert. Und als ich dann in Las Vegas ankam, wusste ich schon, als ich die anderen Gruppen gesehen habe, dass es nichts werden konnte für uns. Das war ein vollkommen anderes Niveau. Da konnte jeder eine Doppelschraube und einen Salto in der Luft (lacht), und deswegen war ich auch nicht so überrascht, dass die Platzierung hinterher so ausfiel.
Gab’s denn einen Moment, an dem du dich bewusst dazu entschieden hast, dich auf deine Stimme und den Gesang zu konzentrieren?
VM: Nein, eigentlich gar nicht, denn Singen war schon immer die Nummer eins für mich; Tanzen war immer so meine zweite Leidenschaft. Schon deshalb fand ich’s dann auch nicht so tragisch, dass es mit dem Tanzen im den USA nicht geklappt hat (lacht). Ich wollte schon immer Sängerin werden – und das Tanzen hat halt einfach dazu gepasst als Ergänzung.
Du hast die ersten Jahre mal als „Ochsentour“ bezeichnet. Wie schlimm war das, wo wir gerade bei nicht so schönen Erfahrungen sind?
VM: Gar nicht so schlimm. Im Nachhinein bin ich sehr froh über jede Erfahrung. Natürlich gab’s Auftritte, wo ich mir dachte: „Oh, wow, wie wollen wir hier durch?“ Ich stand auf der Bühne und wollte eigentlich sofort wieder runter, weil’s halt auch Auftritte gab, wo sich kein Mensch für uns interessiert hat. Das war schon sehr speziell, da dann eine Stunde oben zu stehen und deine eigenen Lieder zu singen und keiner kennt die – das war schon sehr eigen, aber auch wahnsinnig wichtig für mich als Erfahrung. Ich bin auch echt stolz darauf, dass ich auch diese Zeit mitgenommen habe, weil ich umso mehr das Jetzt genieße – was ich jetzt alles so machen darf.
Da du aber ja deine Ausbildung zur Mediengestalterin nie als Plan B betrachtet hast, wäre das dann nicht eine Erfahrung, auf die du rückblickend hättest genauso gut verzichten können?
VM: Nein, auch darauf nicht. Ich bin schon stolz, dass ich sagen kann, „Hey, ich habe eine Ausbildung in der Tasche.“ Ich habe was gelernt, und das fühlt sich einfach richtig und gut an. Trotzdem war’s nie der Plan, in dem Bereich zu arbeiten (lacht).
Wird’s denn diesen Sommer auch einfach mal eine Auszeit geben, so mit „Jeans, T-Shirt und Freiheit“?
VM: Na ja, auf der Bühne ist ja inzwischen immer „Jeans, T-Shirt und Freiheit“ angesagt. Das ist Freiheit für mich. Mittlerweile bin ich auch genauso auf der Bühne, weil ich mich so echt am wohlsten fühle. Ich unterscheide daher schon gar nicht mehr zwischen Bühne und privat, was die Klamotten angeht. Und ja, es hört sich zwar echt kitschig an, aber ich fühle mich wirklich wahnsinnig frei. Das hier war schon immer mein Traum. Ich wollte das einfach schon immer. Und jetzt darf ich den leben. Jeden Tag kneife ich mich und sage: „Hey, genieß das. Du weißt nicht, wie lange das noch geht.“
Du hast ja auch gerade erst gegenüber einer großen Tageszeitung gesagt: „Ich bin dort, wo ich schon immer hin wollte.“ An so einem Punkt braucht man neue Träume, oder? Neue Ziele?
VM: Oh, ich habe noch viele Träume. Am liebsten würde ich ja noch über 10 Jahre auf der Bühne stehen – und noch länger! Ich würde mir wünschen, dass ich immer Musik machen darf und dann gibt’s auch ganz konkrete Träume: Dass ich z.B. mal auf der Waldbühne stehen darf und dort einen ganzen Abend lang ganz alleine für meine Fans spiele.
Und abgesehen von der Musik?
VM: Einen großen Hund! So einen ganz großen. Das wünsche mich mir, aber jetzt noch nicht: Das würde dem Tier nicht guttun, weil ich einfach zu viel unterwegs bin. Aber später mal wünsche ich mir das schon. Haus, Garten, Hund.
Vielen Dank für das Gespräch!
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