Robbi Pawlik ist ein Comedian, der auf unvergleichliche Art Musik- und Typen-Comedy verbindet: Mit seiner Kunstfigur Bademeister Schaluppke hat der Kölner sich auf vielen Bühnen eine beachtliche Fangemeinde erspielt und gehört inzwischen zu den festen Größen der deutschen Comedy. Schaluppke erzählt bissige Geschichten von einem Arbeitsplatz, in dem der Fußpilz, beißender Chlorgeruch und – vor allem er: „der Weiße Hai von Köln-Zollstock“ – selbst regiert. Der Bademeister schickt nervige Badegäste in die Umkleide und blasenschwache Opis zum Beckenboden-Training. Der „Weiße Hai“ möchte im Interview übrigens unbedingt geduzt werden…

Rudi, zehn Jahre unterm Zehner: Hat sich der Bademeisterberuf im Laufe der Zeit verändert?

Ja. Man ist mittlerweile Mädchen für Alles: Animateur, Kindertröster, Psychologe, Streitschlichter, Sozialarbeiter, Stilberater und vor allem Dienstleister.

An welchem Punkt hört beim Bademeister die Dienstleistung auf?

Wenn die Badegäste ankommen und absichtlich dumme Fragen stellen. Zum Beispiel: „Können Sie eigentlich Schwimmen?“, Da antworte ich „Nein. Aber ich kann übers Wasser laufen.“

Du hast wahrscheinlich viele Kinder bei dir im Bad in Köln-Zollstock. Hast du trotzdem alles im Griff?

Unser Bad befindet sich in einem sozial schwachen Viertel und es gibt viele Familien, die sich keinen Urlaub leisten können. Die machen ihren Urlaub bei uns im Bad. Und wir bieten zum Beispiel während der Ferien – von einem Förderverein unterstützt – für Kinder aus sozial schwachen Familien kostenlose Seepferdchenkurse an.

Welche Kernkompetenz muss ein Kinderschwimmkursleiter haben?

Da ich es ja nicht nur mit den Kleinen zu tun habe, sondern auch mit deren – zum Teil hochmotivierten – Muttis, lautet die oberste Devise: diplomatisch bleiben! Gestern zum Beispiel gab´s bei uns im Kurs Zickenalarm. Die kleine Marie-Sophie sagt zu Janina-Jennifer: „Meine Barbie hat ein Pferd und deine nicht.“ Da sagt Janina-Jennifer: „Meine Barbie hat zwar kein Pferd, aber die hat einen Ken.“ Und da habe ich dann gesagt: „Jo! Dann hätten wir das mit der Reitstunde ja auch schon mal geklärt.“ Im Laufe der Schwimmstunde stellt sich heraus: Janina-Jennifer ist wasserscheu. Ich drücke ihr also zur Motivationshilfe ein Poolpony in die Hand. Da kreischt mich Marie-Sophie an: „Ich will auch sofort ein Poolpony! Meine Mami hat Sie dafür bezahlt!“ Ich denke noch: „Hui, wenn die Tochter schon so drauf ist, dann willste deren Mutti erst gar nicht kennenlernen.“ In dem Moment kommt schon Marie-Sophies Mutter an. Sie nimmt mich dezent zur Seite und flüstert mir zu: „Herr Schaluppke. Ich will hier vor allen anderen keinen Wind machen. Aber …“ Ich flüstere zurück: „Unter Kindern heißt es: Wer flüstert der lügt.“ Sie zischt mich an: „Schaluppke! Wie wär’s, wenn Sie meiner Tochter hier jetzt aber ganz schnell ein Poolpony zur Verfügung stellen?!“ Ich bleibe diplomatisch und sage: „Ich will jetzt keinen Wind machen. Aber wie wär’s, wenn Ihre Tochter einfach das Pferd von ihrer Barbie nimmt?“

Gehören Kinder und Jugendliche zu deinen Lieblingsgästen oder gibt es andere Gruppen, die du bevorzugst?

Erstmal ist es so: Jeder Badegast ist vor mir gleich. Egal, ob alt, jung, arm, reich und egal aus welchem Kulturkreis. Aber es ist so: Jede Altersgruppe hat natürlich auch so ihre Eigenheiten – zum Beispiel, was die Bademoden anbelangt. Da wird man als Bademeister dann auch gerne mal als Stilberater tätig. Beim morgendlichen Seniorenschwimmen gab es vor Kurzem ein Stilberatungsgespräch mit der 85-jährigen Oma Krause. Die Dame – für ihr Alter übrigens immer noch ein heißer Feger – hatte sich in einen Bikini mit Leopardentanga geschmissen. Bei dem Anblick hat es mir echt die Brille beschlagen. Sie fragt mich: „Herr Schaluppke, wie finden Sie den?“ Ich sag’ zu ihr: „Frau Krause, huiii! Macht auf jeden Fall ‘nen schlanken Fuß.“ Und dann sagt sie zu mir: „Schaluppi, Schaluppi. Wäre ich noch mal 75, Sie wären vor mir nicht sicher!“ Ich hab dann geantwortet: „Frau Krause, wäre ich 65, ich würde Ihr Angebot annehmen.“ Und dann kam Opa Heinrich an. Der gehört zu Rentnern, die morgens ihre eigene Bahn beanspruchen, und ständig was zu meckern haben. Der frotzelte zu Oma Krause: „Gucken Sie doch mal, Sie alte Schachtel. Das ist doch vorne wie von hinten die reinste Hängepartie.“ Da hat Oma Krause ihm in den Schritt geguckt und meinte: „Wann war denn Ihre letzte Stehparty?“ … wir sind halt auch ein Erlebnisbad.

Du hast es gerade schon angedeutet: Als Bademeister bekommst du die Menschen täglich in Bikini oder Badehose zu sehen. Das muss auch nicht immer schön sein, oder?

Naja. Dazu muss ich sagen, dass wir ja alle nicht perfekt sind. Ich persönlich mache mir nicht viel aus Äußerlichkeiten. Aber es ist halt dann schon so, dass man gerade im Sommer im Freibad mit Leuten zu tun hat, die sich für unwiderstehlich halten und ihren Körper zur Schau stellen. Gerade diese Typen im Alter um die 20, die am Beckenrand Selfies von ihrem Sixpack machen. Und was ich seit einiger Zeit beobachte: Die Spitze des Narzissmus im Schwimmbad ist, wenn die sich mit wasserdichten Action-Cams dabei abfilmen, wie sie vom Zehner runterspringen. Dann kommen sie aus dem Wasser raus und brüllen „Bäm!“. Ich habe mal so einen Poser gefragt, was „Bäm“ ist. Da sagt er: „Ja, ich gerade so bämstens am Bämsen“. So labern die ja heutzutage. Dem habe ich geantwortet: „Und ich gerade so bademeistens am Bademeistern. Geh duschen!“

Bei dir im Bad soll auch regelmäßig eine Wasserballmannschaft trainieren. Was sind das für Typen?

Die Mannschaft trainiere ich mittlerweile sogar. Das ist unsere Jugendmannschaft, die SG Hallebadkapp’ Zollstock. Zwölf knallharte Jungs, ich nenne sie auch liebevoll ‚mein dreckiges Dutzend‘. Ich habe die Jungs letztes Jahr übernommen, nachdem deren Übungsleiter wegen Burnout das Handtuch geworfen hatte. Das ist eine Multikulti-Truppe, bestehend aus fünf Türken, einem Kurden, zwei Deutschen, zwei Polen, einem Weißrussen und einem Albaner, der immer behauptet, er wäre ein Italiener. Ich kann mich noch an das erste Training erinnern. Das war echt ein Sauhaufen. Die Arbeitseinstellung reichte von „Ey, Trainer. Isch hab heute null Bock so“ bis hin zu „Keiner, isch schwöre – und zwar doppelschwör – keiner sagt mir, wann isch in der Schwimmhalle meine Kippe ausmachen soll!“ Ich habe auch nichts gesagt. Ich habe die Kippe einfach mit einem Wasserdruckstrahler gelöscht. Danach hat der Bube erst einmal Entengang um den Pool gemacht. Und mit Pünktlichkeit hatten die es auch nicht so. Nach einer halben Stunde kam unser Weißrusse an. Ich fragte: „Kollege, wo kommst du denn jetzt her?“ Da baut der sich vor mir auf, Unterarme wie Oberschenkel – aber gerade mal aus´m Stimmbruch – und grunzte mich böse an: „Ich bin Dimitri Michailovic-Pitkowski – und man nennt mich auch den Hengst.“ Murat, sein türkischer Mannschaftskollege meinte: „Ey, Schaluppke. Bei Dimi musst du aufpassen. Der ist ‘ne Kampfsau. Der Dimi schluckt Wasser wie andere Leute Wodka.“ Kurze Zeit später habe ich auch gemerkt warum: der Dimi konnte gar nicht schwimmen. Da habe ich zu ihm gesagt: „Du kommst morgen erstmal zu mir in den Schwimmkurs. Bevor du hier einen auf Hengst machst, machst du bei mir das Seepferdchen.“

Du hast sogar ein Buch mit dem Titel „Chlorreiche Tage“ geschrieben. Hast du zu viel Freizeit in deinem Bademeisterkabuff?

Im Laufe meiner Tätigkeit am Beckenrand habe ich viel erlebt. Es war mir ein Bedürfnis, die ganzen Erlebnisse niederzuschreiben. Das Buch ist eine Art Tagebuch geworden. Ich habe es natürlich nicht während meiner Arbeitszeit geschrieben, schließlich muss ich ja aufpassen, dass keiner absäuft.

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