Schwenningen. Der Schwenninger Bürger Ewald Jauch wurde in den letzten Kriegstagen zum Täter. Die Ausstellung „Ewald Jauch und die Kinder vom Bullenhuser Damm“ zeigt, wie dies geschah.
Erzählt wird die Geschichte von 20 Kindern, die in den letzten Kriegstagen in einer Grundschule im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort ermordet wurden. Einer der Täter war der aus Schwenningen am Neckar stammende SS-Oberscharführer Ewald Jauch. An den Kindern führte der SS-Arzt Dr. Kurt Heißmeyer, der in Freiburg promovierte, Tuberkulose-Versuche durch. Als britische Truppen bereits das Hamburger Stadtgebiet erreicht hatten, kam aus Berlin der Befehl, dass die Spuren der medizinischen Versuche zu verwischen seien. In der Nacht des 20. April 1945 wurden die Kinder, ihre Pfleger und mindestens 24 sowjetische KZ-Häftlinge im Keller der Schule erhängt. Ewald Jauch ist ein Paradebeispiel einer NSDAP-Karriere im Dritten Reich. Sein Leben vom arbeitslosen Bürger über den Mann in Uniform bis hin zum Täter ist dokumentiert und damit nachvollziehbar. Die Heimatverortung lässt sich durch seine markanten Wohnorte und Arbeitsstellen optimal abbilden: Ewald Jauch betrieb mit seiner Frau Else die Gastronomie des Schwenninger Schützenhauses. „Das Konzept von Carmen Pestka und Jörg Schlenker zu dieser Ausstellung hat uns von Anfang an überzeugt. Denn an Jauchs Biografie wird konkret und lokal sichtbar, welche Lebenslüge die bundesrepublikanische Gesellschaft bis weit in die sechziger Jahre hinein begleitet hat – nichts mitbekommen zu haben, von nichts gewusst zu haben, die Täter*innen nicht zu kennen“, sagt Andreas Baumer, Geschäftsführer der Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg. Die Ausstellung „Ewald Jauch und die Kinder vom Bullenhuser Damm“ ist eine Kooperationsveranstaltung mit der Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit den Kuratoren Carmen Pestka und Jörg Schlenker. Sie findet vom 15. April–07. Mai 2023 im Karl-Haag-Saal der Stadtbibliothek in VS-Schwenningen statt und ist täglich von 10–18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Rahmenprogramm zur Ausstellung
Do, 20. April 2023, 19:30 Uhr: Am Tattag der Morde am Bullenhuser Damm das NDR-Doku-Drama „Nazijäger – Reise in die Finsternis“ gezeigt. Wesentliche Grundlagen des Films sind die Protokolle der Verhöre, die Anton Walter Freud und Hanns Alexander 1945 und 1946 durchgeführt haben, die zu den Urteilen in den Curiohaus-Prozessen geführt haben. In den dokumentarischen Teilen kommen die letzten Zeitzeugen zu Wort.
Am Filmabend ist Regisseur Raymond Ley aus Berlin anwesend und führt in den Film ein.
VVK: Südwestpresse/Die Neckarquelle, VS-Schwenningen und Kino Capitol, VS-Schwenningen
Ort: Kino Capitol, VS-Schwenningen
Do, 27. April 2023, 19:30 Uhr: Wolfgang Heitner aus Villingen referiert über „Nationalsozialismus in Villingen. Nutznießer und jüdische Opfer.“
Ort: Stadtbibliothek VS-Schwenningen, der Eintritt ist frei.
Do, 04. Mai 2023, 19:30 Uhr: Dr. Robert Neisen aus Freiburg referiert über „Mitmacher und Schweigende – Die nationalsozialistische Herrschaft in Villingen und Schwenningen.“
Ort: Stadtbibliothek VS-Schwenningen, der Eintritt ist frei.