Gewinner Tuttliner Krähe 2023

Tuttlingen. Publikum und Jury haben entschieden: Die Preisträger der 22. Auflage des Tuttlinger Kleinkunstpreises stehen fest. Am späten Sonntagabend wurden die Preise bei der diesjährigen, 23. Auflage eines der wichtigsten deutschen Kleinkunstwettbewerbe verliehen: die Tuttlinger Krähen. Mit einer sehr speziellen Kunstform, die er selbst als Death Comedy bezeichnet, sicherte sich Der Tod aus Berlin den 1. Preis der Jury. Mit dem Gewinn des renommierten süddeutschen Kleinkunstpreises reiht er sich in die Liste namhafter „Krähe“-Gewinner ein, in der u.a. bereits Sascha Grammel, Florian Schroeder, Lars Reichow, Heinrich del Core oder Suchtpotenzial stehen. Der mit über 25.000 € dotierte Wettbewerb fand an vier Abenden in der Angerhalle Tuttlingen-Möhringen statt. Ebenfalls einen der begehrten Vögel aus der Donaustadt erhielten in diesem Jahr der niederländische Kabarettist Patrick Nederkoorn, Musikkabarettist Sven Garrecht und Multitalent Tobias Gnacke aus Meißenheim. Zwölf Teilnehmer hatten an drei hochkarätigen Wettbewerbsabenden vergangene Woche um die Bronzevögel und die erklecklichen Preisgelder gewetteifert und das Publikum begeistert.

Berlin ist Hauptstadt und Kleinkunsthochburg des Landes: Zum elften Mal in 23 Jahren fliegt die „Tuttlinger Krähe“ dorthin. Der Tod, der seinen bürgerlichen Namen nicht preisgibt und selbst den Krähevogel stilecht in eine unförmige, dunkle Kutte gewandet und das Gesicht unter einer riesigen Kapuze verborgen entgegennahm, hat auf der Heimfahrt mit der Bronzeplastik des Tuttlinger Künstlers Roland Martin einen der wichtigsten deutschen Kleinkunstpreise im Gepäck – und eine der schönsten und wertvollsten Auszeichnungen dazu. Für „Todi“, der im Wettbewerb den mutigen Versuch unternommen hatte, mit einer Luftsensennummer („einfach mal 15 Minuten Luft rauslassen“) „im Kontrast gegen Pointenmaschinen“ (Zitat: Der Tod) zu bestehen und damit erfolgreich war, ist die Krähe die bislang wichtigste Auszeichnung seiner Karriere und eine der Top-Auszeichnungen der Szene. Verbunden ist der 1. Jurypreis mit 6.000 € Preisgeld, das die Fa. KLS Martin Group sponsert. Noch bevor Der Tod wusste, welchen Preis er erhalten würde, spendete er jeweils 1.000 € an die Band 4fun, die seit über 20 Jahren den Wettbewerb musikalisch untermalt, an den taubstummen Comedian Okan Seese, der im Wettbewerb leer ausgegangen war und an das Hospiz von aufgefangen.de. Der Tod: „Da ich die Gelder schon versprochen habe, ohne zu wissen, was ich überhaupt gewinne, freue ich mich natürlich sehr über den 1.Platz, so wird das Ganze kein Minusgeschäft – was aber auch in Ordnung gewesen wäre, weil Zeichen manchmal wichtiger sind als Scheine.“

Weitere Preise erhielten bei der von den Vorjahressiegern Sebastian (44) und Tobias Hengstmann (41; zusammen sind sie die Hengstmann Brüder) kongenial moderierten Preisträgergala am späten Sonntagabend der niederländische Kabarettist Patrick Nederkoorn aus Amsterdam, der den 2. Jury-Preis gewann (dotiert mit 4.000 €, gestiftet von Tontarra/Trokamed), der Musikkabarettist Sven Garrecht aus Seligenstadt (Sonderpreis der Jury verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von  3.000 €, gestiftet von den Büros Breinlinger Ingenieure und Kaufer + Passer sowie der Fa. Eickemeyer) und schließlich Tobias Gnacke, das Multitalent aus dem badischen Meißenheim, der den Publikumspreis (Wert: 3.000 €, gestiftet von der Kreissparkasse Tuttlingen und Fa. Surgalign). Auch diese Preisträger durften aus den Händen der Sponsorenvertreter und Juroren neben Urkunde und Preisgeld eine Kleinplastik von Roland Martin in Empfang nehmen.

Die Angerhalle war in diesem Jahr an allen vier Abenden nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt. Über 1.200 Besucherinnen und Besucher jubelten den zwölf Endrundenteilnehmern, die sich unter  mehreren Dutzend Bewerbern durchgesetzt hatten, an den vier Abenden in Tuttlingen-Möhringen zu und erlebten Kleinkunst der Spitzenklasse in allen Schattierungen – von Visual Comedy bis hin zum klassischen Politkabarett. Der Tod stand als Sieger natürlich im Mittelpunkt als am Sonntagabend die deutsche Kleinkunstwelt wieder für einen Abend auf die Donaustadt blickte und als am Ende einer über zweistündigen Preisträgergala das Geheimnis um die diesjährigen Preisträger der „Tuttlinger Krähe“ gelüftet wurde. Seit 2011 tourt Der Tod mit Programmen wie „Mein Leben als Tod“ oder „Happy Endstation“ und Special-Shows wie „Tödliche Weihnacht“ durch die Republik. Unter den neun Kleinkunstpreise, die er bisher sammelte, ragen neben der Krähe heraus: Jury- und Publikumspreis beim Paulaner Solo 2022, der Publikumspreis  bei der Leipziger Lachmesse 2019 und der Jurypreis 2013 beim Großen Kleinkunstfestival der Wühlmäuse, Berlin. Der Tod tritt ein „für ein Lachen, wo bisher Angst und Schweigen herrschten“. Seine Death Comedy ist in ihrer Form spektakulär neu und einzigartig: Der Sensenmann, ohne Gesicht, völlig anonym und mit engelsgleicher Stimme zeigt die Radieschen von unten, singt über die Tragik seiner Arbeit und spielt mit seinem Publikum um Lebenszeit. Mit Witz und Charme begegnet er dem Tabuthema der modernen Gesellschaft. So lobte die Jury: „Unser Preisträger versteht es in nahezu sympathischer Art und Weise, der Figur des Sensemannes eine menschliche Seite abzuringen und die schwarzhumorigen Pointen nie zynisch ausarten zu lassen. (…) Bei all den tragisch-komischen Anekdoten schwebt stets das Memento mori über einem. Und diese Gratwanderung hat der Tod meisterhaft in ein unterhaltsames Programm mit Hintersinn und Empathie hinbekommen.“

Die „Tuttlinger Krähe“ zählt zu den wichtigsten und höchstdotierten Kleinkunstpreisen im deutschsprachigen Raum. Die Fortsetzung folgt vom 16. bis 21. April 2024. Vorher hat wieder wie Fachjury mit Michael Baur, Rolf Brohammer, Karlheinz Helmschroth, Sabine Schürnbrand, Rosa Wagner und David Zapp die Qual der Wahl.